Meine Klassenkameraden und ich besuchen wie jeden Dienstag den Supermarkt neben der Schule. Dieses Mal beobachte ich die Dame an der Kasse etwas länger als sonst, da sich sowieso eine lange Warteschlange gebildet hat und ich bereits alles besorgt habe, was ich benötige, um meinen unerträglichen Hunger zu stillen.
Mir fällt einiges auf, worauf ich vorher nie genau geachtet habe. Zum Beispiel, dass ein Namensschild mit der Aufschrift: Gudrun S. an ihrer braunen Arbeitskleidung befestigt ist. Eigentlich ist sie eine junge und unscheinbare Frau, die stets freundlich scheint und ihren Kunden gegenüber sehr höflich ist. Mit ihren zerrupften dunkelbraunen Haaren und ihre eher altmodischen Brille wirkt sie nicht gerade sehr attraktiv.
Je länger ich sie beobachte, desto mehr fällt mir auf, dass sie nicht äußerst begeistert von ihrer Arbeit oder ihrem Job ist. Alle paar Minuten schaut sie auf die wartenden Leute, die immer mehr werden. Sie scheint frustriert, den sonnigen Dienstagnachmittag in dem heißen und überfüllten Lebensmittelgeschäft verbringen zu müssen. Ab und zu tauscht sie kurz Neuigkeiten mit ihrer Kollegin aus. Bei jedem neuen Kunden oder jeder Kundin, muss sie sich sehr bemühen, um wieder ihre alltäglichen Floskeln wie: „Mit der Karte?“ oder „Brauchen Sie die Rechnung?“ auszusprechen, um nicht unfreundlich oder genervt zu wirken.
Ich merke, dass die Leute vor mir immer weniger werden und ich bald an der Reihe bin, um zu zahlen. Als ich gerade dabei bin, mein Geld für das „Mittagessen“ zu suchen, ertönt ein freundliches „Hallo“, worüber ich mich freue und ebenfalls grüße. Sie teilt mir mit, wieviel ich zu begleichen habe und ich lege meine Münzen auf die Geldablage, nehme meine Jause und warte draußen auf meine Freunde.
Auch wenn ich ihren Charakter nur ungefähr beobachten konnte, weiß ich beim nächsten Mal, dass sie eigentlich ganz nett und gar nicht so unsympathisch ist, wie sie manchmal scheint.
Charakterisierung, verfasst von Lorenz Ramsebner, 1AK