Die Heldinnen des Schulalltags

Sekretärinnen: Sie schaukeln das Büro, sind Ansprechpartnerinnen für Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und externen Personen. Jetzt sind sie auch noch Expertinnen für Corona-Angelegenheiten geworden.
Susanne Mayr
25.5.2021
Es ist 7 Uhr morgens. Das Telefon klingelt im Sekretariat der Handelsakademie und Praxisschule Bad Ischl. Eine Mutter meldet ihren Sohn ab, er sei krank. Frau Palik nimmt alles auf, trägt die Abwesenheit in WebUntis ein und überlegt. Zur Sicherheit macht sie den Gegencheck bei der Mutter – und siehe da: Das Söhnchen ist gar nicht krank, sondern bei der Freundin, die ihn soeben entschuldigt hat. Wird wohl nichts mit dem Blaumachen an diesem Tag.
Zuständig für alles
Frau Palik berichtet dem Klassenvorstand und der Schulleitung von dem Ereignis und kontrolliert, ob der eingebildete Kranke in die Schule kommt.
Das Büro wird von drei Sekretärinnen betreut. Die Kommunikation untereinander ist und muss perfekt sein, damit alles reibungslos funktioniert. „Banane im Schädel“, wie Frau Palik es bezeichnet, könnte man bei den vielen Erlässen und Verordnungen aus vielen unterschiedlichen Quellen schon bekommen. Die Stimmung ist gut, die Damen verstehen sich prächtig. Gemeinsam erledigen sie Mailverkehr und Posteingänge, sichten und verteilen Erlässe der Bildungsdirektion. Der Jahresplan und die Erlässe geben vor, wann die Rückmeldungen zu erfolgen haben. Manche Sorglose verlieren ihre Originale nicht nur einmal – nichtsdestotrotz werden geduldig Zweitschriften für Zeugnisse ausgestellt, weiters allerlei Bestätigungen, z.B. für Schulbesuche oder für Pensionsversicherungsanstalten. Da im Unterricht trotz elektronischer Datenverarbeitung noch immer viel Arbeitsmaterialien verwendet werden; Stifte, Papier, Kleber, Druckerpatronen etc. müssen diese gesichtet und nachbestellt werden. Selbstbedienung der Lehrkräfte wird daher verständlicherweise immer kritisch von den Damen beäugt – soll doch die ausgeborgte Schere wieder an ihren Platz zurück.
ACHTUNG: HEIKEL! Sokrates ist ein hochspezifisches elektronisches Schülerdaten-Verarbeitungsprogramm für unsere wichtigsten Akteure, die Jugendlichen. Alle Neuanmeldungen werden damit eingegeben und aktualisiert. Diese administrativen Arbeiten erfordern akribische Genauigkeit, damit Namen, Adressen und sonstige Daten am Laufenden gehalten und Namens- oder -Adressänderungen auch aktualisiert werden.
Frau Graef ist der Profi in Sachen Sokrates, sie will sich aber nicht ausschließlich darauf verlassen, falls der Fluch der Technik wieder einmal zuschlägt oder Wetterkapriolen mit Stromausfällen den Alltag auf den Kopf stellen. So werden die Kataloge und Unterlagen für jedes neue Schuljahr auch analog gesichert.
Frau Mühlbacher ist als ruhender Pol die versierte Finanzministerin und Leiterin des Sekretariats. Umsichtig führt sie die Buchhaltung, regelt den Bargeldverkehr mit Kassaführung, inventarisiert und budgetiert mit Argusaugen, damit die Abrechnung jedes Jahr in schwarzen Zahlen geschrieben werden kann.
Das Corona-Virus hat die Anforderungen um ein Vielfaches erhöht

Montag, Mittwoch, Freitag werden die Schülerinnen und Schüler vor dem Unterricht getestet. Manche fehlen und werden am nächsten Morgen mittels Nasenflügel-Test vor dem Sekretariat kontrolliert, bevor sie das Klassenzimmer betreten dürfen.
Wer ist genesen, geimpft oder getestet? Sämtliche Testunterlagen wie Testkits, Klassenlisten und neuerdings auch Ninja-Pässe mit Klebebildchen sind abgezählt und so für die Lehrkräfte vorbereitet, damit das Risiko, jemanden beim Testen zu übersehen, ausgeschlossen werden kann. Tests werden auch für Lehrkräfte und Verwaltungspersonal im Bedarfsfall vorgenommen und die Bestätigungen ausgestellt.
Die Bildungsdirektion verlangt regelmäßig genaue Coronadaten-Meldungen und tritt ein Infektionsfall auf, müssen korrekte Sitzpläne und Klassenlisten mit Abwesenheiten vorhanden sein, damit sie mit den Angaben aller Beteiligten an die Bezirkshauptmannschaft Gmunden und die Bildungsdirektion übermittelt werden können.
Die Absonderungsbescheide werden überwacht und überprüft, damit die Dauer der Quarantäne nicht unterschritten wird. Daran knüpfen sich oft ausgedehnte Korrespondenzen mit der Schulleitung, den Lehrkräften, der BH Gmunden und der Bildungsdirektion.
Permanent Neues lernen
Die Digitalisierung hat im Arbeitsalltag der Sekretärinnen alles verändert. Ohne EDV geht nichts mehr, obwohl Wichtiges noch in Papierform abgelegt – und auch gefunden – wird. Pressekonferenzen der Regierung mit den aktuellen Neuerungen dürfen nicht übersehen werden und Erlässe, die am Freitagabend einlangen, werden sofort weitergeleitet, weil sie am Montag schon umgesetzt sein sollen.
Schnelligkeit, Genauigkeit und Fachwissen bestimmen den Alltag der Damen im Office. Machen sie alles richtig und wird ein Berg an Arbeiten erledigt, ist das selbstverständlich.
Und wenn am Sonntagabend beim familiären Abendessen das Handy signalisiert, dass gleich fünf Schul-Emails stakkatoartig eintreffen, heißt es tief durchatmen. Die Kinder und der Ehemann werden für eine Stunde vertröstet, die Direktorin wird kontaktiert und Anwesenheitslisten, Schülerdaten und Testergebnisse der letzten Tage der BH Gmunden übermittelt.
Als Direktorin schreibe ich diese Zeilen, weil es mir wichtig ist, dass es nicht nur anerkennende Worte und ein Dankeschön, Kaffee und Kuchen für ihre großartige Leistung gibt.
Als Team der HAK und Praxisschule Bad Ischl waren wir alle in den letzten schwierigen Monaten sehr stark und widerstandsfähig. Unsere Sekretärinnen haben als verlässliche Heldinnen des Schulalltags wesentlich dazu beigetragen, mir und dem Kollegium vieles abzunehmen, damit wir unbeschadet durch die Krise kommen.
Der Fels in der Brandung, die Detailverliebte und Frau Sokrates: Gemeinsam ist es ihnen gelungen, die „Banane im Schädel“ zu besiegen.

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