von Pia Steidel –
John bog gerade mit dem Auto in die Straße ein, als eine schwarze Katze einer Ratte hinterherjagte. Seine Nachbarn waren schon in Halloween-Stimmung, überall Spinnen, Skelette und verrückte Kürbisgesichter. Beim Kiosk am Ende der Straße konnte er „Bosna-Donnerstag“ lesen und das am 31. Oktober.
John hatte keine Lust sich zu verkleiden und Süßigkeiten zu verteilen. Doch Wahl hatte er auch keine. Der große Mann blieb vor seinem Haus stehen und trug seine silbernen Golfschläger hinein. Er war müde, deshalb legte er sich auf seine schwarze Couch. In seinen Träumen gefangen, hatte er das Gefühl zu schweben und plötzlich fiel er auf den harten Boden. In seinem Gesicht spürte er etwas Klebrig-Nasses und als er seine Augen öffnete, verfing sich sein Blick dort. John wusste sofort, was gerade geschah – dasselbe wie seinem Vater und dessen Vater und dessen Vater usw. Entweder war er verrückt oder es passierte die Geschichte, die seine Großmutter ihm immer erzählte. Das Unfassbare. Weiter konnte er nicht denken.
Ein schrecklicher Schrei. Ein furchtbares Gefühl. Seine Augen huschten über den Ort, an dem er war. Ein Friedhof. Es war Nacht. Vollmond. Ein Kratzen von rechts. Ein Pfauchen von links und das Gefühl, beobachtet zu werden von allen Seiten. Sein Blick jagte über den Friedhof. Er hatte das Gefühl, schon einmal hier gewesen zu sein, doch das war auch alles, denn plötzlich näherte sich eine schwarzgekleidete, große Person von einer alten verfaulten Eiche. Johns Nackenhaare stellten sich auf und er spürte, wie ein eiskalter Hauch über seinen Rücken wanderte. Auf seiner Stirn sammelten sich schwere Schweißtropfen. „Was wollen Sie?“, rief John dem Unbekannten zu. Die geheimnisvolle Person gab keine Antwort, dass einzige Geräusch, welches von ihr ausging, war ein schweres, langsames Atmen. Doch er wusste, wer oder was es war. John wollte weglaufen, doch jedes Bemühen, sich in Bewegung zu setzen, scheiterte. Er sah an seinen Füßen hinab und sein Atem stockte. Seine neuen Schuhe waren komplett mit Pflanzen umschlungen. Umso mehr er sich bewegte, desto fester zogen sie sich zusammen. Ein stechender Schmerz umgab ihn. Ein kalter Wind, der ihn von hinten umfasste, ließ den Mann wieder aufsehen. Das Wesen war viel näher, als ihm lieb war. Höchstens 10 Meter von ihm entfernt. Dies gab John einen kurzen Moment, seinen Gegner zu mustern. Ganz in Schwarz gekleidet, schwarze Haare und das Gesicht … Wo war es? Johns Kehle schnürte sich zu und sein Atem stockte. Er bekam keine Luft. Sein Gegenüber hatte kein Gesicht. Einzig eine dunkle Leere sog seinen Blick in sich. Fast hypnotisch konnte er seine Augen nicht davon wenden. In diesem Nichts spürte er etwas so Schreckliches, es war nicht zu beschreiben. Er fühlte jede Angst, die er in seinem Leben je gehabt hatte und sah alles Böse und Schreckliche, alle Ängste der Menschen. Clowns, schlimmer als Pennywise in ES, oder die Filme über Aliens, welche die Menschheit auslöschen. All das durchströmte seinen Körper, seine Gedanken, seine Seele. Der Schmerz in seinen Füßen verdoppelte sich und als hätte ihn ein Blitz getroffen, bemerkte er, wie nah ihm die Gestalt gekommen war. Das Wesen streckte seine Hände aus. John versuchte den Klauen zu entkommen. Seine Füße immer noch umschlungen, fiel er plötzlich nach hinten. Ihm wurde schwarz und die Kälte erfasste ihn.
„John? Wach auf!“, eine bekannte Stimme. Er öffnete seine Augen, das Licht blendete ihn und seine Mutter saß neben ihm. „Ich dachte schon, es wäre zu spät und du wärst in der Zwischenwelt gefangen!“, flüsterte sie mit Tränen in den Augen. „Fast hätte er mich erwischt“, mit diesen Worten richtete John sich auf und spürte ein schmerzendes Gefühl auf seinem Arm. Er wusste, was es war:
Das Zeichen der Angstjäger.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.